Die Moro Suppe und ihre Anwendung

Die Möhrensuppe wurde von einem Kinderarzt Ernst Moro entdeckt, der ein Mittel suchte um die hohe Kindersterblichkeit durch Durchfallerkrankungen zu reduzieren.

Inzwischen hat sich unter den Hundehaltern ganz gut herumgesprochen, dass die Möhrensuppe nach Moro ein gutes Hausmittel bei Magen-Darm-Infekten ist.

Nun beobachte ich aber seit einiger Zeit, dass die Moro-Suppe geradezu inflationär verwendet wird. Daher möchte ich hier noch einmal die Wirkungsweise erläutern und daraus resultierend den sinnvollen Einsatzbereich begrenzen.

Wirkmechanismus

Ein kleiner Ausflug in die Molekularbiologie:

Pathogene Bakterien benötigen eine Verbindung zu den Darmzellen um diese zu steuern, anzuzapfen oder sonstigen Blödsinn zu treiben. Dazu besitzen die Bakterien auf ihrer Oberfläche Strukturen, die man sich wie einen Schlüsselbart vorstellen kann. Diese Schlüssel passen genau in entsprechende "Schlüssellöcher" auf der Oberfläche der Darmzellen - man nennt dies auch Rezeptoren. Wenn der Schlüssel des Keims auf so ein Schlüsselloch trifft und sich darin verankert, löst das eine Reaktion der Darmzelle aus und das Bakterium ist fest auf der Oberfläche der Zelle angeheftet und kann nun sein Unwesen treiben.

Bei dem langen Kochen der Möhrensuppe entstehen nun aus den Zuckermolekülen, die in einer Möhren enthalten sind, Strukturen (Oligogalacturonide), die den Schlüssellöchern (Rezeptoren) von Darmzellen sehr ähneln. Wenn diese nun in großer Zahl im Darm herumschwimmen, heften sie sich an die Schlüssel der Bakterien. Dadurch können sich viele nicht mehr an die Darmzellen anheften, denn ihre Schlüssel sind mit den nachgemachten Schlüssellöchern blockiert. Der Organismus kann diese Bakterien dann einfach ausscheiden, so dass sie kein Unheil mehr anrichten können.

Daraus ergibt sich aber auch: die Moro-Suppe macht nur bei bakteriellen Durchfallinfektionen wirklich Sinn!

Bei Virusinfektionen (diese sind nicht so häufig, aber es gibt sie) des Darms, hilft sie nicht, da Viren über ganz andere Wege in die Darmzellen gelangen.

Bei Durchfallerscheinungen, die durch entzündliche Prozesse ausgelöst werden, kann die Moro-Suppe ebenfalls nichts ausrichten. Hier hilft sie evtl. aber ein wenig, indem sie die Wahrscheinlichkeit einer zusätzlichen bakteriellen Infektion reduziert.

Sofern Einzeller wie z.B. Giardien die Ursache von Durchfall sind, ist die Moro-Suppe nicht nur wirkungslos, sondern geradezu kontraproduktiv. Denn Giardien ernähren sich sehr gerne von Zuckern (Kohlehydraten) und diese sind recht viele in Möhren enthalten und werden durch das lange Kochen sogar noch leichter verfügbar für die Einzeller.

Mit der obigen Erläuterung wird dann vermutlich auch jedem klar sein, dass die Moro-Suppe natürlich auch bei Würmern oder verschluckten Fremdkörpern keinen Sinn macht.

Und bei (im weitesten Sinne) Vergiftungen z.B. durch verdorbene Nahrung kann sie ebenfalls nicht helfen. Sie bindet zwar etwas (Bakterien), aber keine Giftstoffe oder ähnliches.

Die Moro-Suppe ist also ein tolles, natürliches Heilmittel für viele Fälle von Durchfall beim Hund (die meisten sind ja tatsächlich durch Bakterien ausgelöst). Aber man sollte sie überlegt einsetzen und nicht Dinge von ihr erwarten, die sie einfach nicht kann.

Übrigens kann man die Moro-Suppe auch wunderbar vorbereiten und einfrieren. Dann hat man im Fall der Fälle direkt etwas zur Hand.

Rezept

  1. 500g geschälte Möhren in einem Liter Wasser mindestens eine Stunde kochen
  2. alles durch ein Sieb drücken oder im Mixer pürieren
  3. die Gesamtmenge auf einen Liter Wasser auffüllen
  4. 3g Kochsalz (ein knapp gestrichener Teelöffel) hinzufügen

Diese Suppe darf dann gern pur in vielen kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt gegeben werden. Gerne reichlich, wenn der Hund es mag.
Natürlich sollte immer auch frisches Wasser zur Verfügung stehen.